GESELLSCHAFT (SPIELE)

Schon interessant, was einen zum schreiben eines Beitrages bewegen kann. Den Sonntag verbringe ich zum bis zu diesem Zeitpunkt damit zu, meinen Haushalt nach Wochen der gleichgültigen Koexistenz wieder in eine etwas geregeltere Bahn zu lenken. Aus den diversen Lautsprechern in den Räumen meiner Wohnung läuft die bunteste Mischung an Musik seit 2018. Bedenkt man, wie ich aktuell eine Sortierung in „meine“ vier Wände zu bringen versuche, liegt der Gedanke nah, das sich wieder etwas in mir verändert hat. Kein spürbarer oder gar merklicher Faktor, jedoch präsent genug, meine Mechanismen vom einen Automatisierungsgrad in einen Anderen zu wandeln.

Der nachfolgende Begriff trifft in meinem Fall zwar nicht in der Bedeutungsschwere des eigentliches Sinnes nicht zu, jedoch könnte man annehmen, dass ich ein „emotionaler Messi“ bin. Mir sind so viele Dinge in die Hände gefallen, dass mein Tresor der Erinnerungen regelrecht aufgesprengt wurde. Am heutigen Tag findet diese Situation ein besonderes Interesse bei mir, denn all das, was ich gefunden habe und einen gewissen „Wert“ hatte, findet sich nun in einer „gelb / schwarzen“ Müllsortierung wieder. Bei einem Stück habe ich, offen gestanden, sehr lange gezögert. Es hat mich zwei Tassen Kaffee und diversen Zigaretten gekostet, eine Einordnung vorzunehmen und eine erschreckende Erkenntnis zu erlangen.

Ich mag mich des genauen Zeitpunktes wegen irren, jedoch habe ich 2011 jemanden kennengelernt, der in meiner wohl prägungsaffinsten Phase einen Beitrag zu meiner heuten Persönlichkeit geleistet hat. Und, sei dir des Umstandes gewiss, dass dies keine vorteilhafte Prägung war. Ganz im Gegenteil. Die Wahrheit ist, dass ich zu diesem Zeitpunkt das erste Mal „benutzt“ wurde. Nicht, dass man mir monetäre Mittel hätte absprechen wollen, die ich zu diesem Zeitpunkt ohnehin nicht hatte. Es war kurz nach meiner Ausbildung und meine Mittel waren eher überschaubar und stark schwindend, statt präsent. Vielmehr habe ich das „erste Mal“ gemerkt, wie „leicht“ es ist ein Konstrukt aus Lügen und surrealen Wänden zu erschaffen. Nicht, dass ich einen aktiven Anteil daran hatte. Mein federführendes Vergehen war, dass ich mich verliebt hatte. Leider nur in die falsche Frau. Wie es bei mir (leider) oft so ist, habe ich diese Person auf der Arbeit kennengelernt. Es bahnte sich eine Sympathie an, die erste gemeinsame Feier mündete in einer Liaison und auf Grund der physischen und mentalen Synergien entstand eine Beziehung mit starkem, emotionalem Anteil. Abgesehen von den Problemen junger, emotional geladener Menschen, war es an sich eine sehr gute Beziehung. Wir waren bei ihr, bei mir und in der Welt unterwegs. Ja, wir trafen sogar abwechselnd unserer Freunde. Wäre ich jedoch damals auf einem ähnlichen emotional abgeklärten Stand wie heute gewesen, hätte mir damals schon auffallen können, dass etwas nicht stimmte. Dummheit ist das Laster der Liebe und so bemerkte ich es natürlich nicht. Entgegen meiner damaligen „offenen“ Mentalität stellte sich Zuversicht ein. Zumindest bis zu dem Tag, an dem ich eine SMS von einer mir unbekannten Nummer erhalten habe… Ihrem Freund, mit dem sie seit 6 Jahren eine Beziehung führte. Er hatte wohl keine Kenntnis darüber, dass sie vermeintlicher Single war. Zumindest sich so präsentierte. Und schnell wurde aus der „Liebe“ die sich gebildet hatte, ein „Hey, kennst Du XY, der mich eben angeschrieben hat“ ein „Kein Anschluss unter dieser Nummer“.

Die ganzen Zwischensequenzen erspare ich dir an dieser Stelle. Meine Probleme an dieser Stelle waren eher… anderer Natur. Hierbei blende ich die üblichen emotionalen Brüche aus, die an dieser Stelle entstehen, aus. Viel mehr wurde mir auf Grund der „Stellung“ dieser Frau die Welt der gesellschaftlichen Spiele eingepflanzt. Nein, wenn du nun auf Monopoly oder Mensch ärger dich nicht hoffst, enttäusche ich dich gerne.

Leider ergab auch dieses Verhalten Sinn, als der Auffahrunfall voller Ereignisse bereits im vollen Gange war. Diese Person gehörte einer der vermeintlich angesehensten Familien an, welche die damalige Stadt, in der ich gearbeitet habe, wohl zu bieten hatte. Als Mensch, dem ein gesellschaftlicher Status zu diesem Zeitpunkt vollkommen egal war, konnte ich es natürlich auch nicht wissen. Bedenkt man, in welcher Branche ich zu diesem Zeitpunkt gearbeitet habe, hätte auch nichts ferner sein können, als eben diese Offenbarung der „High Society“. Immer wieder wurde mir offeriert, wie ich mich am besten benehmen könnte, wie ich Menschen etwas kommunizieren müsste, damit diese empfänglich für meine Wünsche und Ideen seien und vielerlei anderes. Wie beispielsweise, welche Ausdrucksweisen sich geziemen und welche eben nicht. In dieser Phase meines Lebens war ich ein laufendes Selbstexperiment. Ich entledigte mich aller Konventionen und lebte mich in einem Ausmaß aus, welches ich heute nur als schändlich bezeichnen würde. Das einzige was mir immer wichtig war ist, dass niemand zu schaden kommt und ich niemanden belüge. Ein, bedenkt man die Umstände, einfach Umstand. Ich saugte Wissen auf, entfaltete mich, experimentierte mit mir selbst und war aus eben genau diesem Grund vielleicht auch so empfänglich für derartige Lektionen. Ich lernte schon immer schnell und die Umsetzung von etwas, dass mir als richtig (oder im Mindestmaß wichtig) erschien, stellte selten eine zu beachtende Herausforderung dar.

Doch, nehmen wir den roten Faden mal wieder auf. All das, was ich in dieser, rückblickend betrachtet lehrreichen Zeit, gelernt habe, war eine regsame Erfahrung. Irgendwann hat diese Dame dann wieder Kontakt gesucht, mir mit gut bedachten Erläuterungen versucht zu erklären, warum die Dinge so sind, wie sie sind. Ich habe keine Ahnung, wie viel Sinn ich den Erklärungen damals zugesprochen habe, doch heute? Ich verstehe es, wenn man Existenzängste hat bzw. die eigene Existenz in Abhängigkeit zu einer anderen besteht – Doch bis zu diesem Moment waren vergebene Menschen für mich stets ein Tabu. Nicht, dass sich Gefühle zu entwickeln stoppen lassen würden, jedoch gilt es einen gewissen Abstand zu wahren, wenn mein ein emotionales Interesse entwickeln.

Was also habe ich damals gelernt? Warum hat mich das heute so beeinflusst und müsste ich, um die nachfolgenden Worte zu erklären mehr Details offenbaren? Sicherlich müsste ich, aber ich will es nicht.

Die Welt in der ich aufgewachsen bin, bis hin zu meinen jüngsten Tagen ist geschwängert von Lügen. Ausgeschmückten Geschichten und einer, in der Besenkammer der Fantastereien gewebten, kuriosen Realität. Ich begegnete Lügen an jeder Ecke, an jedem Wald Pfad und in jedem Gesicht. Irgendwann war ich recht geschickt darin zu erkennen, was real war und was nicht. In Folge dessen könnte ich die daraus resultierte Eigenschaft zufrieden und glücklich auf die HABEN Seite schreiben. Des Weiteren lernte ich, dass Monogamie nur ein fantastischer, gesellschaftlicher Wunsch ist, wohl dem Wissen, dass Emotion und Verlangen keine Weggefährten sind, die auf denselben Pfaden wandeln. Der eigene Vorteil ist ein weitverbreiteter Anspruch der Kreaturen der Sonne. Gut gekleidet, fein maskiert und mit einer herzerwärmenden Rhetorik bewaffnet erreichen die meisten Menschen diese Ziele.

Ich komme nicht drum herum mir fortwährend Gedanken über die Beweggründe meines Umfeldes zu machen. Vielmehr stelle ich mir aber die Frage, warum ich in so einem Umfeld immer wieder Fuß fasse? Ziehe ich derartige Persönlichkeiten an? Brauche ich diese Personen vielleicht sogar? Doch zu guter Letzt – Warum hat dieses ganze betragen so viel Einfluss auf mich und mein Leben genommen? Auf mein Verhalten und mein Denken? Schon immer frönte ich dem alltäglichen Hauch vergangener Melancholie. Von Zeit zu Zeit empfinde ich sie sogar als recht erquickend. Sich daran zu erinnern, was zu einem Gefühl geführt hat. Der Rechenweg, die Randnotizen und die damit verbundenen Gleichungen. Irgendwann ergibt dieses hochthronende X auch einen Sinn. Und am Schluss, diese mir liebe Kirsche aus dem Berg aus Sahne: Ich habe wieder ein Rätsel um den mir vorstehenden (oder in den meisten Fällen zurückgelassenen) Menschen lösen können, dem ich einen Teil meines Wesens gewidmet habe.

Was nun triumphierend und thronend klingt, hat am Ende jedoch eine tragische Konsequenz auf die Art, wie ich Menschen sehe. Unumstößlich habe ich das Bewusstsein entwickelt, Menschen zu helfen, die gesellschaftlich nicht anerkennt sind. Die einen gewissen Ruf haben oder sich zu integrieren nicht trauen. Kurzum, Außenseiter. Menschen, die sich selbst abgeschrieben haben und keinen Anschluss finden. Um ehrlich zu sein, sind dies aber meist auch die Menschen, mit dem größten psychischen Schmerz, wodurch oftmals eine nachhaltige Kontaktpflege nur schwerlich umsetzbar ist. Jedoch, auf der anderen Seite des Blattes, habe ich eine (un)gesunde Gleichgültigkeit für mein Umfeld entwickelt. Die meisten Dialoge empfinde ich als ermüdend, Emotionen und Empfindungen erscheinen mir zu trocken und das zwischenmenschliche Gefühl empfinde ich wie die Vorfreude auf ein gutes Glas Wein, welcher sich als Essig herausstellt. Ja, die meisten Menschen interessieren mich kaum, wenige lange genug um eine Bindung aufzubauen und nur ein kleiner Teil weckt meine Aufmerksamkeit lange genug um die Chance zu bekommen, sich als interessant herauszustellen.

Die eigene Persönlichkeit ist wie eine Rumkugel, die auf dem Boden einer verdreckten Bäckerei geformt wird. Wir treffen Annahmen und Beschlüsse auf Grundlage der uns vorliegenden „Daten“ und entscheiden dann den Grad der Genießbarkeit. Betrachte ich das eigene Werk und rechne die Ereignisse meines Lebens mit ein, so war diese Dame, die ich anfänglich beschrieb, ein gravierender Auslöser für vieles. Solche Situationen, einprägsame, habe ich nicht selten gehabt. Doch erinnere ich mich zurück, ist diese eine von wenigen, die mich haben vieles bewusster sehen lassen.

An dieser Stelle sei gesagt, dass die Fragwürdigkeit und die Unmittelbare Zeit nach jedem Ereignis alles andere als außer Frage steht, doch schlussendlich ist es wie mit allen anderen Dingen auf. Man tritt, ob man es nun will oder nicht, stets nach unten. Werden wir verletzte, leiden andere Menschen unwiderruflich an diesen Folgen. Wir müssen nicht mal einen aktiven Anteil daran haben oder uns bewusst für diesen Pfad entscheiden… Aber in jedem brennenden Bauwerk kommt der Zeitpunkt, wo Balken knarzend zu Boden krachen. Und dies sind die Momente wo wir nicht bemerken, ob jemand darunter steht…

… Nun gehe ich weiter meinen Haushalt machen. Vielleicht überkommen mich ja noch Erinnerungen, die einen Eintrag lohnen!

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