Fjäril

Weißt Du, mein kleiner, schwarzer Schmetterling – Es sind die Weiten die uns die Sehnsucht in die Knochen treiben. Sie lehren uns zu prüfen, wie machtvoll Verbindungen sind, die wir eingehen und wie stark die Knoten, die wir knüpfen. Wir kneifen die Augen zu kleinen Rissen zusammen und versuchen Ziele zu erkennen. Und so kann es geschehen, dass die Kiele entzwei bersten oder wir ein unentdecktes, wundervollen Land erkennen. Nichts könnte jedoch mehr den Beweis für die Nebel bringen, als die Untiefen der leeren Augen, die nicht wissen, wonach sie suchen.

Wir sind es gewohnt, dass wir auf all das den Fokus legen, was uns genommen wurde. Wir sehen den Verlust vor allen anderen, schönen Dingen. Wir fokussieren ihn statt dieser prächtigen Sonnenblume am Wegesrand. Wir umklammern ihn stärker, als jeder Druck gegen einen hölzernen Pfosten es könnte. Wir stehen mit dem Rücken nicht an der Wand – Nein, wir wenden uns ihr zu. Wir erkennen sie an, als Regen, der in ein Meer mündet und nur kleine Wellen der Erinnerungen bleiben.

Doch was hat als dies mit Distanz zu tun? Was mit Nähe? Ich sage es Dir.

Der Untergang heißt einen jeden Willkommen. Doch was interpretieren wir mit „dem Untergang“? Was wollen wir daraus ziehen, aus diesem Wissen? Ich vergleiche es mit einem, für mich fundamental fehlinterpretierten Begriff: Katastrophe! Hören wir dieser Tage dieses Wort, denken wir stets an das Schlimmste. Doch bedenken wir den Urpsrung dieses Wortes, so erkennen wir, dass sich nur das Bühnenbild ändert. Ein Wechsel der Szenerie, eine Änderung der Luft und eine Anpassung der eigenen Denkweise. Hier gibt es nichts falsch zu verstehen und auch keine Deutung – Sondern nur das (er-)warten auf etwas anderes, etwas neues und etwas starkes. Etwas, dass wir haben, sich aber ändert. Gut, sicherlich könnte man nun auch den gegenteiligen Fall anwenden und sagen, dass man auf den Wechsel von gut zu schlecht wartet – Doch auf diesen Seiten, mein kleiner, schwarzer Schmetterling, wollen wir die Düsternis ziehen lassen.

Lass uns diese Reise doch einmal als dies betrachten, was sie ist. Eine Chance. Eine Möglichkeit und ein Angebot des Lebens. Mir sind diese dunklen Seiten zu schwer geworden, als das ich sie tragen könnte und glaube mir wohl, dass ich ausreichend dieser Bücher in meinem Gepäck trage. Doch diese Last sollfallen – Stück für Stück und Blatt für Blatt. Sie sollen ziehen. Sie sollen sinken in die sonnenvergessenen Wassergrotten des Lebens, die als Halde für unser Schicksal dienen.

Und genau hier mündet dieser Fluss der Erzählungen, die ich begleiten will. Das, was uns nah ist, ist leicht. Dinge, die wir greifen können liegen in unserem „Einflussbereich“ voller Wiederkehr. Wir setzen das Attribut „selbstverständlich“ als Stempel auf alle Geschicke und denken dabei nur daran, wie einfach das Leben doch ist. Oder, je nach Brillenglas, schwer. Ist es nah, so scheint es doch wahr – oder? Und Sicherheit liegt auch in dem, was uns Schmerz bereitet. Ein Reich beschichtet aus einem diffusen Polymer, welches wir mit einem müden Lächeln oder breitem Grinsen betreten – unablässig dessen, was wir brauchen. Und entgegen jeder Logik – Immer ein Schritt vor dem Erwachen, kurz vor der Rache.

Warum bietet Distanz also eine Chance? Warum sind die Dinge, die greifbar sind gefährlich und was macht das unerreichbare so „sicher“? Die Antwort mag Dich, mein zartes Wesen, überraschen, jedoch brauchen wir beides. Das eine lehrt uns die Sicherheit und das andere die Beständigkeit – Gleichwohl ist mir bewusst, dass beide nur ein Stock sind, die in verbrannten Sand schlagen, wenn wir uns nicht bereitwillig den Elementen der Einsicht zuwenden.

Ja, was uns nah ist, mag uns Sicherheit geben. Vielleicht sondern den Impuls der Kontrolle füttern, die wir so schätzen und lieben. Doch das, was wir nicht bewässern können muss aus dem wachsen, was das Leben uns schenkt: Vertrauen. Wir müssen der Stimme gehorchen die uns anleitet und einen Ruf entsendet. Um es mit den Worten einer mir geliebten Band zu sagen: „Das heiße Rufen in der Nacht, im Traum schlug mich in seinen Bann.“ – Und nichts anderes ist das, was wir Leben nennen. Ein Rufen, ein Flüstern, ein frieren und ein brennen. Wir sind so darauf versessen alle Regeln zu brechen, doch würde ich sie zum Teufel schicken, würde ich nur eine Sekunde wahrhaften Glücks empfinden. Dieses Glück, so wir es denn finden ist ein gehauchter Wunsch unter einer sternenklaren Nacht – Ein antreten des Heimwegs bei lila, roten Wolken. Ein durch Mark und Bein fahrendes sehnen, dass nur in Staub der Sterne bestehen kann. Ein blindes Leben im Bund mit der Finsternis.

Und entgegen allem, was mir zugesagt wird, so ich auch ein „dunkler Romantiker“ sei, sehe ich in all dem Schlechten genau das: Das Schlechte. Doch nur wenn wir die Dunkelheit, die Abgründe, die Untiefen, die Nähe, die Distanz und all die anderen Gräuel kennen sind wir im Stande zu differenzieren. Wir können es uns erlauben uns zurückfallen zu lassen und eine Nacht in dunklen Gemäuern zu schlafen. Wir steigen auf, fallen, träumen – egal ob allein oder durch Seelenlieder verbunden.

Es ist der Rabenmantel den wir anlegen um uns zu wappnen für all das, was da kommt. Und sei es auch nur ein Blick, in fremden Landen, durch die fremdesten Augen.

In den Sternen liegt das, was wir ersehnen doch auf der Erde wohnt das, was wir erreichen. Und in der Untiefe des Schicksals liegt das, was wir niemals erahnen können, bis es Notiz von uns nimmt.

Gute Nacht, mein kleiner, schwarzer Schmetterling…

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