Die dunklen Tage…

Hallo, mein kleiner, schwarzer Schmetterling. Und wieder suchst Du nach dem Buch. Du wirst es finden. Doch sei Dir sicher, dass ich Dich die Seiten nur finden lasse, weil es mein Wunsch ist.

Ich gestehe, dass ich zum aktuellen Zeitpunkt wieder inmitten eines Wandels bin. Und gleichermaßen inmitten eines Strudels, der mich voll und ganz in seinen Krallen hält. Die Zeit dafür ist erneut gekommen – Die Zeit des Feuers, des Schmerzes und der Erinnerungen. Es ist ein sich wieder und wieder zusammensetzendes Spiel. Wie es meistens im November der Fall ist. Ein Grabstein in den Erinnerungen und eine Fassung, die in kein Gefüge mehr passen will. Dies und so viel mehr sind es, was mich momentan umtreibt, meine Gedanken kreisen und mich auch zu dieser Feder greifen lässt. Ich weiß, mein kleiner Schmetterling, dass es Dir befremdlich vorkommen mag. Mein Verhalten, mein Gebaren, einfach alles, was Du sonst bei mir beobachten kannst. Es scheint, als wäre die Fremdenseele verwischt und verwaschen, wieder im Zyklus seiner Unbeständigkeit gefangen – So bin ich mir jedoch sicher, dass Du Recht behalten wirst, mit fast jeder Deiner gedanklichen Reisen.

Sicherlich mag es ein Anflug von Flucht sein. Ich fliehe vor der Streckbank der Vergangenheit. Ich fliehe vor mir und dem Befinden, vor dem Befassen und dem resilieren. Und ja, Du wirst ebenfalls Recht behalten, wenn Du denkst, dass ich gar vor dem Leben fliehe.

Es ist eine Wahrheit, die du vielleicht erkennen magst. Doch, diese Zeit ermahnt mich dazu. Heute, an diesem Tag, an dem ich auf den Pfaden aus Hoffnung und Schmach unterwegs war, habe ich einen Abstecher gemacht. Einen Abstecher zu dem Sternschnuppenbaum, an dessen Wurzeln ich vor, in 13 Tagen, 19 Jahren vielleicht das letzte Stück ich begraben habe, nachdem ich einen schirr ewigem Pfad von Laub und Nieselregen gefolgt bin. Sicher – Nichts, was verloren ist, muss es bleiben – und doch finde ich keinen Weg mehr zurück. Diese Zeit ist eine Zeit des Wandels – Eine Zeit, in der ich renne, eine Phase, in der Atlas Stärke meine letzte Hoffnung ist. Ich wünsche mir Orpheus Melodie ebenso, wie ich der Medusa blick ersehne.

Doch schlussendlich werde ich Dir immer sagen, dass es mir gut geht. Ich werde Dich anlügen, weil ich mich nicht damit befassen will. Ich werde mich in die Flüsse der Ablenkung werfen, meiner Arbeit in einer Akribie nachgehen, wo Morgen und Nacht die Schatten eines Seins werden – Doch es wird mir gut gehen. Warum sollte es auch nicht? Ich speie Atem aus, habe das Privileg zu leiden – Etwas, dass die von uns Verschiedenen nicht haben. Ich darf existieren, wo andere sein sollten. Keine Sorge, mein kleiner Schmetterling – Dieses Lauf der Monde und Sonnen geht es mir schlechter als sonst, aber ich werde aller Welten Last tragen. Ich werde auch Deine Last tragen. Deine Stimme sein und Deine Hand halten, so Du mich denn brauchst.

Doch warum die Schwere dieses Jahr so präsent ist? Der Wandel selbst, den ich sonst nur zu gern in anderen Sphären vertrete, umschließt mich. In der einen Sekunde greife ich nach alten, metallischen Begleitern, in der Anderen werde ich demaskiert und auf die Pfade der Welt geschmissen. In dem frohen Moment erklimme ich die ältesten Wurzeln und in und im anderen ergründe ich die dunkelsten Tiefen – Ich sei ein dunkler Romantiker, so hat man mir gesagt, doch erkenne ich im Leben nichts als Wahrheit. Die Seele, ein Geschenk, welches uns vermeintlich gemacht wurde, ist sie? Kann sie sein? Wenn ja, kann sie geschunden werden? Und wenn dies so sein sollte, kann sie dann auch heilen? Verlieren wir uns nur in dem Wunsch, dass unsere Endlichkeit eine Lüge ist? Hoffen wir auf eine Fortsetzung des Buches, während jedes Kapitel den Schatten dient? Wollen wir vielleicht nur sie sehen? Und wenn dem so ist, warum scheint das Licht dann aus den Menschen, die alles von uns wollen, außer uns zu misstrauen?

Ich kenne die Welt, die Menschen, ihre Beweggründe – Einen jeden Abgrund einer jeden Seele… Doch sitze ich hier, mit der Feder in der rechten und dem Pergament von der linken gehalten. Die Risse in den Wänden lassen den Staub der Außenwelt durch – Die Geheimnisse in der Kiste vor mir lassen den Dreck der Pfade auf meine Kleidung wandern. Und ja – dennoch sitze ich hier, privilegiert genug, diese Worte schreiben zu dürfen.

Doch, mein kleiner, schwarzer Schmetterling, es geht mir gut. Ich habe mich nur, wieder, verlaufen. Auf einem Pfad, der keine Pflastersteine bereithält. Der in der Nacht nur einen schimmernden Faden in einer blauen Stunde verspricht. Bin ich derer, den Versprechen, verschrieben? Nur hörig? Bereit ihnen zu lauschen? Oder ersehne ich mehr? Vielleicht ist es weniger? Ist es eine wärmende Welt oder nur eine weitere, eisige Wirklichkeit? Hier, inmitten des Netzes der Anonymität sitze ich, wartend auf fliegende Fragmente der Einsicht, doch blockiert durch meine eigenen Gedanken. Ich komme nicht weg, auch wenn ich weiß, dass diese Reise sein muss.

Es tut mir leid, mein kleiner, schwarzer Schmetterling. Du musst Dir keine Sorgen, keine Gedanken machen. Nur sein und Dein leben betanzen. In einer Melodie fernab der Welt und distanziert von meinem ruhenden Blick. Für mich gibt es keine Heilung, kein Seelenheil und auch keine Erlösung – Der Pfad des Lebens hat mich zu dem gemacht, der ich heute bin. Nicht zu verteufeln – doch, vielleicht wohl? Ich habe diesen Turm schätzen gelernt, wie ich lernte, meine Masken zu lieben. Ich folge dem Nebel des Wandels, durch den Steinkreis, auf Kissen des Orients hin zu alten Palisaden. Ich folge jedem Pfad, stehe am Rand eures Lebens und diene als Sündenfresser… Doch am Ende musst Du Dir um mich keine Sorgen machen – Dieser hier, der diese Worte schreibt, ist nur eine Fremdenseele…

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