Das Tagebuch eines Fremden…

Wer ist dieser Fremde? Ist er ein Mann? Eine Frau? Wo wohnt er? -> Neugier war schon immer ein lästiger Begleiter. Er nagt an unserem Verstand ohne auch nur den Funken rationalen Grundes. Es sei gesagt, dass es durchaus sein kann, dass wir uns schon einmal begegnet sind. Bei einem Hobby? In einer Diskothek? Die Wahrnehmung der meisten Menschen zu mir ist mindestens genau so durchwachsen, wie vermutlich in den meisten Fällen auch richtig – Wobei Wahrnehmungen im Kern immer richtig sind. Es ist ein sehr offenes Geheimnis und es liegt auch nicht viel Weisheit darin, jedoch existieren wir in den Köpfen anderer Menschen nie deckungsgleich zu unserer eigenen Persönlichkeit. Warum auch? Wir existieren in einem fremdgesteuertem Bewusstsein, als nacktes Resultat unserer Vergangenheit. Wenn Du mich nun als warmen, offenen und herzlichen Menschen kennst, dann ist das nicht weniger richtig oder falsch als andere Seiten / Wahrnehmungen.

Die Einen kennen mich als offenen, extrovertierten Menschen. Andere als verschlossenen, teilnahmslosen.
Die Einen kennen mich als schüchtern und zurückhaltend. Andere als offen und impulsiv.
Die Einen kennen mich als ehrlich und direkt. Andere wiederum als verlogen und heuchlerisch.
Die Einen kennen mich als jemanden der um etwas kämpft. Andere kennen mich als gleichgültig.
Die Einen kennen mich als freudig und lebensfroh. Andere kennen mich als traurig und dem Abgrund nah.

All diese Wahrnehmungen über mich haben ihre Richtigkeit, wie auch viele andere. In erster Linie jedoch? Ja, in erster Linie bin ich ICH! Wie Du mich wahrnimmst hängt davon ab, welchen Weg, welche Geschichte und welche Gefühle wir teilen. Vielleicht ist deine Wahrnehmung zu mir auch nur durch Gefühle entstanden? Doch für den Moment, von jetzt an und für die Zukunft bin ich nur dieser eine Fremde aus dem Internet, der seine Gedanken mit Dir teilt. Seinen Alltag, seine Gefühle, seine Wut, seine Liebe, sein Leid und all das, was uns menschlich macht. Doch sei dir sicher, dass ich hier keinen Meckerblog erstelle! Nein.

Schon vor Monaten (oder mittlerweile Jahren?) habe ich mir vorgenommen wieder ins BLOG-Leben zurückzukehren. Die Vergangenheit hat mir gezeigt, dass ich immer am meisten und „besten“ schreiben konnte, wenn mich wieder irgendetwas innerlich so zerfrisst, dass ich kein vor und zurück mehr weiß. Hin und wieder jedoch ist es auch ein simples „den Kopf“ frei bekommen und dann wiederum auch ein „Bewusstsein für eine Situation“ schaffen. Es gibt so viele Gründe, aber der jetzt vorherrschende ist der entscheidende.

Lass mich diesen Beitrag dazu nutzen ein Grundverständnis füreinander aufzubauen. Lass mich dich dazu einladen, dass Du mich kennenlernst. Vielleicht hat der erste Teil schon einen warmen Händedruck hinterlassen. Oder du stellst fest, dass wir beide kein Foto füreinander haben – Beides ist vollkommen in Ordnung für mich. Es ist das Internet. Wir sind einander nichts schuldig. Oder? Du bist für mich genau so gesichtslos, wie ich für dich. Sind wir einander vielleicht doch bekannt? Würdest Du sagen, dass wir uns KENNEN? Lass uns doch zusammen mal auf eine „kennenlernreise“ gehen.

Ich? Ich kenne dich nicht. Die Frage nach dem „ob ich dich kennenlernen will“ kann und werde ich dir auf dem digitalen Weg nicht beantworten. Warum auch? Heutzutage sagt doch jeder, dass er jemanden „kenne“, nur weil er einen digitalen Austausch hatte, eine Beziehung (ge-)führt (hat) oder er ein oder zwei Details von jemanden weiß. Darling, lass dir sagen, dass all dies nur ein leiser Schall und dicker Rauch ist. Selbst wenn wir uns nun träfen und lass es uns für den Moment als hypothetisch in den Raum stellen und lass uns, ferner und wieder hypothetisch annehmen, du würdest mich mit aller Kraft kennenlernen wollen… Warum? Weil du mich interessant findet? Weil du mich magst? Weil du einem Impuls nachgehst?

Ruf dir doch mal kurz ins Gedächtnis, warum du das letzte Mal unbedingt einen Menschen kennenlernen wolltest? Vielleicht war es aus einem natürlichen Trieb heraus, vielleicht aus Faszination. Und rufe dir nun in Erinnerung, was daraus resultiert ist, als du diese Person kennengelernt hast. Hast Du das Gefühl verspürt, dass du alles von diesem Menschen weißt? Das du ihn kennst? Die Gründe hierfür kannst nur du nennen und nein, ich will sie nicht wissen. Ruf sie dir nur in Gedanken. Um meinen roten Faden wieder aufzunehmen: Weder in der Vergangenheit, geschweige denn in der Zukunft werden wir einander (allgemein, nicht wir beide) vermutlich nie durch Worte kennenlernen. Wir werden vielleicht reden, ich werde dir etwas von mir erzählen. Vielleicht, wenn dein Schweigen dich nicht beherrscht, wirst du auch etwas von dir erzählen. Vielleicht reden wir die ganze Nacht, an einem Feuer, über dies und das und jenes und vielleicht wird sich niemand von uns die Frage stellen, ob unser Gegenüber uns nur etwas erzählt, wer er denkt, dass die eigene Gunst steigen könnte. Ja, vielleicht. Vielleicht werden wir beide feststellen, dass wir etwas bedauernswertes gehört haben und ja, vielleicht werden wir verstehen, warum diese eine kleine Nuance Vorsicht in jedem handeln und sein mit schwappt. Ja, vielleicht.

Und vielleicht werden wir dieser Faszination füreinander nachgeben. Vielleicht werden wir auch glauben, dass wir mehr Momente stehlen, als nur jene, die aus Verzückung geboren wurden. Und neben einer physischen Verbundenheit werden wir dann vielleicht auch eine emotionale fühlen. Was wir nicht alles vielleicht könnten und würden… Und fernab jedes vielleicht werden wir dann irgendwann, nachdem wir verbunden haben, was wir konnten feststellen, dass wir nicht dort verbunden sind, wo es wichtig wäre. Wir stellen vielleicht fest, dass wir keine geistige Verbundenheit haben…

Was ist daran jedoch eine mögliche Lockerung der Bindung, die wir uns vielleicht so lange aufgebaut haben? Gehen wir mal wieder in eine weniger hypothetische Richtung und tauchen in die Welt der Realität ein.

Vorab kommt mir beim schreiben dieses Textes der Blog einer damaligen Bekanntschaft in den Sinn. Vermutlich weiß sie nicht, dass mir die Existenz durchaus bewusst ist, was ihre Mitteilsamkeit über mich bestärkt hat, jedoch schrieb sie dies:

Um eine Herleitung zu meiner Person nicht zu vereinfachen, werde ich die Umstände unseres Kennenlernens nicht weiter thematisieren. Soviel kann ich jedoch sagen. Diese Person, welche diesen Text geschrieben hat war der Idee verfallen, mich zu kennen. Sicherlich habe ich einiges von mir preisgegeben, was mir zu diesem Zeitpunkt noch deutlich schwerer fiel als heute, dennoch merkte diese Person irgendwann, dass sie eine Idee von mir zu mögen begonnen hatte und das, entgegen ihrer Verzückung, mehr hinter der Person steckte, in die sie sich zu verlieben im Stande war. Um die nötige Klarheit zu schaffen: Ich machte dieser Person nie etwas vor.

Nun aber wieder in die Realität zurück: Wir sind so besonnen darauf, jemanden an unserer Seite zu wissen, dass wir zu oft vergessen, dass die Menschen einen Lebensweg haben. Wir urteilen (und das ausnahmslos) nach einer Hülle, die wir bewerten können. Aussehen, Rhetorik, Geruch, etc. – Alles was wir hören oder sehen ist für uns eine Bewertungsmatrix. Jede Handlung, jedes Wort ist für uns ein Indikator für Wissen. Es ist möglich, dass wir nie erfahren werden, ob und / oder wie weit wir an der Realität vorbeiziehen werden. Für diese letzte Aussagen spielt es im übrigen auch keine Rolle ob und wie wir einen / diesen betreffenden Menschen kennenlernen. Und an dieser (und allen anderen Stellen, außer ich werde es explizit erwähnen) setze ich voraus, dass wir keine bewusste Verschleierung (Lügereien) haben. Der Kontext ist ein durchweg normaler, menschlicher. Was nun jedoch mit dem Lebensweg gemeint ist? Gut, ich könnte nun, zur „künstlerischen Untermalung“ gar schöne Phrasen, Zitate und sonstiges anführen, was gemeint ist sollte uns jedoch allen bewusst sein. Wir selbst sind der Schlüssel und das Verderben, welches unser Leben lenkt. Wir entscheiden (zwar nicht immer bewusst) aktiv, wie wir uns unserem Umfeld öffnen (wollen). Oftmals haben wir keinen Einfluss darauf, dem einfachen hypothetischen Umstand geschuldet, dass wir unsere ganz individuellen Erfahrungen gemacht haben. Die nun folgende Welle an „vielleicht“ bitte ich zu entschuldigen.

Vielleicht haben wir schon einmal geliebt, wurden verletzt. Vielleicht ist uns dies mehr als ein Mal passiert. Vielleicht wurden wir, nachdem wir zu uns gekommen sind festgestellt, dass uns die Wahrheit kalt entgegengepeitscht ist. Vielleicht haben wir uns jemanden anvertraut und vielleicht wurde unser Vertrauen derart auf die Probe gestellt, dass wir uns bitterlich die Finger verbrannt haben. Vielleicht sind diese ersten beiden Beispiele nur ein Apparativ für andere Erlebnisse gewesen. Doch vielleicht bist du auch einfach nur, deinen Kindheitserinnerungen geschuldet scheu und unverwandt geworden. Die Liste ist schier endlos lang, denn das Leben, in all seiner Schönheit und mit all seinen Lichtdurchfluteten Wegen einfach mit zu vielen, schattigen Seitengassen gespickt. Warum du so bist? Warum ich so bin? Weil es nun einmal in der Einfachheit aller Dinge so ist! Sicherlich können wir hieraus keine Entschuldigung für unsere eventuell fragwürdigen Verhaltensmuster generieren (und mir ist durchaus bewusst, dass dies der Entschuldigungsgrund #1 ist), jedoch erklärt es uns, warum wir vielleicht so sind.

Doch was tun? Sollten wir etwas ändern? Können wir etwas ändern? Müssen wir vielleicht etwas ändern? – Dies sind nicht die Fragen, die wir uns nun stellen sollten. Das Ausgangsthema ist schließlich ein gänzlich anderes. Wir sind ja bei dem Thema „kennenlernen“. Was also ist an dieser Stelle die richtige Antwort? Gibt es denn eine? Sollten DU und ICH uns also kennenlernen? Im Kontext dieses Blogs musst du es für dich entscheiden.

Ich habe, wenngleich nicht ganz massentaugliche Meinung zum Thema „wie lerne ich einen Menschen am besten kennen“. Es gibt sehr wenig Momente, in denen wir unsere Kontrolle imstande sind zu verlieren. Meist sind diese Momente von Ekstase und Exzess geschwängert. Für mich fängt ein Haarriss der Maske bei einem Kuss an. Das erste abbröckeln in einem Moment höchster Intimität. Und ein Abfall in dem Moment, in dem man sich voll und ganz unbeobachtet fühlt. Warum nur diese Momente? Weil Menschen einfach zu viel erzählen können. Ich habe zu selten den Moment erlebt, dass jemand mir etwas erzählt und ich diese Erlebnisse in den Augen erkennen konnte. Das all das, was den Mund verlässt durch die Augen erlebt wurde. Es geht dabei nun nicht um Trauma o.ä. sondern um alles. Faszinationen, Begeisterungen, Hingabe, Leidenschaft – Starke Worte, mit einem starken Kern, jedoch meist nur leere Hülsen die zu Boden fallen. Dies sind für mich die Momente, in denen ich einen Menschen beginne kennenzulernen. Das Fundament all meiner künftigen Hingabe. Und letzteres ist diese eine kleine Situation in der die verschwindend geringe Chance besteht, dass sich zwei Seelen begegnen und im Geiste eine Verbundenheit entsteht, die gewichtiger ist, als alles andere.

Die Dreifaltigkeit zwischenmenschlicher Perfektion (im Kontext zu einem Menschen an unserer Seite, mit romantischer Absicht) ist die Verbindung zwischen Körper, Gefühlen und Geist. Jeder, der diese Art von Verbundenheit schon einmal verspürt hat wird dem geschriebenem vielleicht mit Zustimmung begegnen.

Ob Menschen einander kennenlernen? Diese Frage selten von einem ja begleitet. Und dennoch… Die Hoffnung ist ein Korn in der großen Sanduhr unseres Lebens….

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Share this content